Freitag, 11. September 2009

violettes- er-innerungen an nine-eleven

... Morgens nach einer durchträumten Nacht, noch vor dem Frühstück, mein Griff zu Farbe und Papier. Nur keine Pinsel, nicht jetzt, sie stören den Prozess. Verlängern die Hand und sind mir eine Schere im Kopf.
Ich bin noch müde, die Zigarette brennt- schnell das Papier aufziehen.
Palette rechts, Espresso links, was ist das? Violett.
Flüchtige Gedanken an Farbsymbolik, bloss das nicht; deformation professionell.
Langsam füllt sich die weisse Weite mit zarten Tönen.
Noch so verschlafen, zaghaft? Da, ich seh etwas: ein Tor, einen Eingang. Eingang oder Ausgang?
Weiter, Nachtschatten- wilde Flora kriecht den Bildraum hoch.
Lasst mir die Pforte, bitte, keine Dornenhecke, keine 100 Jahre Einsamkeit, ja?
Das Telefon klingelt. Die Möglichkeit um innezuhalten und für eine nächste Zigarette.
Gut so; meine Nachbarin fragt nach gemeinsamen Frühstück- soll rüberkommen, ich male.
Sie kommt samt frischem Café, Croissants und guter Laune.
Freundschaftliches Geplapper, eingetrocknete Farben und plötzlich findet eine Ölkreide den Weg in meine Hand.
Filigrane Atmosphäre entsteht, die Mitte ruft, ich zögere, ziere mich plötzlich. Sabine fragt: bist du schwanger und zeigt auf das Bild.
Für wahr, ich seh es auch.
Komm wir gehen spazieren, der Hund muss raus.
Gesagt, getan; Sabine hat heute frei.
Ich lass mein Bild Bild sein, nehme Hund und Leine, nichts wie raus hier.
Meine Brüste sind schwer.
Wir streifen durch den ausgelichteten Wald, es ist angenehm warm und kaum jemand unterwegs.
Ich könnte stundenlang gehen. Den Hund freut's, Sabine geniesst die seltene Gelegenheit.
Ein Reiher steht stoisch im seichten Wasser. Wir setzen uns an's Ufer und malen uns aus, was wäre wenn...
Ich BIN schwanger. ganz sicher.
Auf dem Heimweg jagen wir den Hund über die Wiesen, sammeln Entenfedern und lachen über das Unmögliche.
Kurz nach dem Mittag kehren wir hungrig zurück, diesmal in ihre Wohnung.
Ich wasche Rapunzelsalat, da fiept das Handy.
SMS. Meine kleine Schwester schreibt was von Fernseher anstellen... um diese Zeit?
Ich bin erstaunt, verwirrt, geh über den Korridor in meine vier Wände.
Sabine ruft mir hinterher: und der Salat?
Ich stell die alte Kiste an ohne hinzugucken, hole Sabine samt Salat.
Der TV steht in der Küche, gleich neben der Madonna.
Komm wir essen halt bei mir. Verdammt. Was ist das?
Überall das Selbe, was sind das für Bilder? Mir wird schlecht.
Der Salat ist längst vergessen, irgendetwas zwischen Lähmung und Hektik hat uns ergriffen.
Ich muss malen. Fiebrig, nervös, angstvoll- ein Schrecken im Genick.
Wilde hände auf weissem Papier. Pupur, dunkles Violett, und der Tropfen, der das Fass zum überlaufen brachte.

Unfassbar. Und ich bin schwanger. Ausgerechnet jetzt. nine-eleven.